Nachhaltiger Wohnungsbau bedeutet, Wohnungen ressourcenschonend, energieeffizient und unter aktiver Einbeziehung zukünftiger Bewohner zu errichten. Nachhaltige Neubauten zeichnen sich durch eine hohe Bau- und Wohnqualität bei gleichzeitiger wirtschaftlicher Rentabilität aus. Das Qualitätssiegel Nachhaltiger Wohnungsbau gibt die Möglichkeit, für den Wohnungsneubau gelebte Nachhaltigkeit zu dokumentieren. Es schafft damit die Voraussetzung für die Anerkennung des Qualitätssiegels Nachhaltiges Gebäude (QNG) als Voraussetzung für die KfW-Förderung „Effizienzhaus 40“ (EH40).
Verein zur Förderung der Nachhaltigkeit im Wohnungsbau (NaWoh)
Im Verein zur Förderung der Nachhaltigkeit im Wohnungsbau (NaWoh) haben sich wohnungs- und immobilienwirtschaftliche Bundesverbände zusammengeschlossen. Mit dem eigens entwickelten NaWoh-Qualitätssiegel bieten sie Bauherren seit 2012 die Möglichkeit, Neubauten von Mehrfamilienhäusern zertifizieren zu lassen. Seit 2016 ist das Siegel vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) offiziell anerkannt und wird für die Planungs- und Baupraxis empfohlen.
Das NaWoh-Zertifizierungssystem macht nachhaltige Leistungen von Bauherren transparent und bezieht insbesondere die Interessen von Mietern mit ein. Im Vergleich zu anderen Nachhaltigkeitsbewertungssystemen für Wohngebäude zählen nicht primär ökologische Aspekte, sondern das NaWoh-System soll das Verhältnis einer ressourcenschonenden, energieeffizienten Bauweise und Wohnqualität im Rahmen wirtschaftlicher Rentabilität bewerten. Es spezialisiert sich somit vornehmlich auf die Handlungsmöglichkeiten von Wohnungsunternehmen als Bestandshalter. Das Qualitätssiegel zeichnet sich durch drei Besonderheiten aus: Das NaWoh-System fokussiert sich speziell auf den Bereich Wohnqualität; es wird ein methodischer Zusammenhang sowohl zwischen Gebäudestandort und Umfeld hergestellt; und Nachhaltigkeit wird zusätzlich ökonomisch aus Sicht des Bauherrn mit einbezogen.
Qualitätssiegel Nachhaltiges Gebäude (QNG) für EH-40-Förderung
Im Rahmen der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) bietet der Bund seit 2021 über die Förderbank „Kreditanstalt für Wiederaufbau“ (KfW) vergünstigte Kredite und Zuschüsse zum energieeffizienten Bauen und Sanieren. Seit dem 21. April 2022 können Anträge für die Neubauförderung „Effizienzhaus 40“ nur mit Nachweis der Nachhaltigkeits-Klasse (NH-Klasse) gestellt werden. Als Nachweis dient das Qualitätssiegel Nachhaltiges Gebäude als staatliches Gütesiegel für Gebäude durch das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI). Auch andere Banken, wie bspw. die Landesbank NRW, vergeben mittlerweile günstigere Kredite auf Basis des QNG-Gütesiegels.
Das Qualitätssiegel wird in den Anforderungsniveaus „PLUS“ oder „PREMIUM“ vergeben. Welches der beiden Anforderungsniveaus erreicht wird, hat keinen Einfluss auf Förderfähigkeit sowie Art und Umfang der KfW-Förderung. Das Bauministerium vergibt das QNG nicht selbst, sondern erteilt akkreditierten Zertifizierungsstellen die Vergabe. Voraussetzung für die Vergabe des QNG ist die Durchführung einer Nachhaltigkeitsbewertung auf der Grundlage eines bei der Deutschen Akkreditierungsstelle (DAkkS) registrierten Nachhaltigkeitsbewertungssystems sowie die Überprüfung der erreichten Qualitäten durch eine akkreditierte Zertifizierungsstelle.
Vergabe des QNG-Gütesiegels
NaWoh ist eine solche anerkannte Zertifizierungsstelle für Mehrfamilienhäuser ab 6 Wohneinheiten. In der aktuellen Version 3.1 bietet das Bewertungssystem eine geeignete Grundlage für die Nachweisführung zur Vergabe der Siegelvariante QNG-WN21. Im Prozess zur QNG-Zertifizierung begleiten unsere speziell geschulten Nachhaltigkeitskoordinatoren und Konformitätsprüfer Sie stufenweise bei der Antragstellung: Zu Beginn der Planung erfolgen in der Regel die Überprüfung der vorliegenden Konzepte als „Pre-Check“ und die Festlegung von angestrebten Qualitätsstandards in einer Zielvereinbarung (Lastenheft). In dem darauf aufbauenden Pflichtenheft sollten die notwendigen Nachweisleistungen dargestellt sowie Verantwortlichkeiten und Termine festgelegt werden. Für die Bearbeitung werden folgende Unterlagen zugrunde gelegt:
- NaWoh-Kriteriensteckbriefe
- Anforderungen Qualitätssiegel QNG des Bundes
- übergebene Dokumente/ Planung des Bauherren als Bewertungsgrundlage
Die Anmeldung bei der Zertifizierungsstelle für die Verleihung des QNG erfolgt nach der ersten Überprüfung, ob die vorliegende Planung die Anforderungen mit großer Wahrscheinlichkeit auch erfüllen kann.
Bewertungssystem
Wie die DGNB- und BNB-Bewertungssysteme wurde das NaWoh-Qualitätssiegel unter Begleitung des damaligen Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) in der Arbeitsgruppe Nachhaltiger Wohnungsbau des Runden Tisches Nachhaltiges Bauen entwickelt. An der Arbeitsgruppe beteiligten sich Unternehmen und Verbände der Immobilien- und Wohnungswirtschaft sowie verschiedene Forschungsinstitutionen. Die Bewertung erfolgt in fünf Kategorien:
- Wohnqualität
- Technische Qualität
- Ökologische Qualität
- Ökonomische Qualität
- Prozessqualität
Da ein Gebäude nicht isoliert beurteilt werden kann, werden auch Rahmenbedingungen wie Marktsituation, Unternehmensstrategie, Umweltbedingungen und Standortfaktoren in die Bewertung miteinbezogen.
Das System unterscheidet zwei Arten von Kriterien:
- Kriterien zur Bewertung der Erfüllung von Mindestanforderungen: Für wesentliche Merkmale und Eigenschaften muss die Erfüllung definierter Kriterien und Bewertungsmaßstäbe nachgewiesen werden. Es besteht keine Möglichkeit der Verrechnung. Übererfüllung wird nachrichtlich in einem Stärkenprofil ausgewiesen.
- Kriterien zur Beschreibung von Merkmalen, Eigenschaften oder Maßnahmen: Gemäß den Angaben und Anforderungen im Steckbrief und unter Beachtung der Dokumentationspflichten werden bauliche, technische oder organisatorische Lösungen beschrieben oder Vorgehensweisen erläutert. Abweichungen von den Vorschlägen der Steckbriefe sind zu begründen.